Bereits zum zehnten Mal fanden am 21. und 22. März Lesungen im Rahmen von „Leipzig liest“ im Nikolai-Eck statt. Auch in diesem Jahr waren die Lesungen im Ladengeschäft der Diakonie am Thonberg ein Magnet für Literaturfans aus Nah und Fern. Und das aus gutem Grund: Im 440 Seiten umfassenden Programmheft von Leipzig liest sind die Lesungen im Nikolai-Eck immer noch etwas Außergewöhnliches.
Das Lesungsformat bietet Autorinnen und Autoren mit Behinderung eine Plattform für ihre Literatur. Zudem ist der Veranstaltungsort mit dem Rollstuhl gut erreichbar, die Lesungen werden in Gebärdensprache übersetzt. Vielfalt ist die Agenda. Es geht um den „…Mut nach vorne zugehen und etwas aus sich zu machen“, betonte Sprecherin und Schauspielerin Sibylle Kuhne, die mit Texten von Hans Christian Andersen die Lesungen eröffnete.
Zeitgenossen beschrieben Andersen als: „…lemurenhaft-eingeknickte Gestalt mit einem ausnehmend hässlichen Gesicht“. Die berühmte Geschichte vom hässlichen Entlein lässt sich vor diesem Hintergrund auch als Lebensgeschichte des dänischen Schriftstellers lesen. Heute wie damals sind Menschen, die nicht in die engen Grenzen vorherrschender Schönheitsideale und Normen passen, mit einer unbarmherzigen Umwelt konfrontiert: Sie müssen Ausgrenzungen ertragen und sich öfter und stärker als andere selbst hinterfragen. Heute wie damals überwinden Autor*innen mit Behinderungen diese Barrieren, trotzen dem Gegenwind und sind erfolgreich. Besonders mit ihren autobiografischen Werken gelingt es Autorinnen wie Verena Elisabeth Turin oder Corinne Parrat zu einer Gesellschaft beizutragen, in der Behinderung normal ist.
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